Welpenschutz – Idee und Wirklichkeit

„Welpenschutz“ ist ein weit verbreiteter Begriff unter Hundehaltern. Im Allgemeinen wird darunter verstanden, dass ein Welpe, der beispielsweise beim Spaziergang auf einen erwachsenen Hund trifft, generell nicht angegangen oder gar verletzt wird.

Der erwachsene Hund spürt vermeintlich instinktiv, dass es sich um einen jungen, schutzbedürftigen Hund handelt, der sich ihm gegenüber alle Narrenfreiheit herausnehmen darf. Diese Annahme ist jedoch falsch und könnte im Ernstfall für den Welpen lebensbedrohlich werden.

Wie kommt es zu der Annahme, dass es einen „Welpenschutz“ überhaupt gibt? 

Wissenschaftler beobachteten den Umgang von Wolfseltern mit ihren Welpen in den ersten Lebenswochen. Sie verhalten sich fast jugendlich und albern und ihre Geduld scheint 
grenzenlos zu sein. Erst nach einigen Wochen lernen die Kleinen was sie sich erlauben dürfen und erfahren Grenzen. Diese „Narrenfreiheit“, die von der eigenen Familie in den ersten Wochen nach der Geburt toleriert wird, wurde als „Welpenschutz“ beschrieben. 
Aus diesen Beobachtungen zog man falsche Schlüsse. Der „Welpenschutz“ innerhalb der eigenen Wolfsfamilie wurde nur in den ersten 6-7 Lebenswochen beobachtet. Nach dieser Zeit lernen die Kleinen ihre Grenzen und die Familienregeln.

Beim Haushund existiert der „Welpenschutz“, wenn überhaupt, auch nur innerhalb 
der eigenen Hundefamilie (Vater, Mutter und Geschwister) – und nur in den allerersten Lebenswochen.

Spätestens wenn ein Welpe mit ca. 8-12 Wochen in seine neue Menschenfamilie einzieht, ist es mit dem Schutz innerhalb der eigenen Familie ohnehin vorbei. Bei fremden, erwachsenen Hunden genießt Ihr Welpe keinen sogenannten „Welpenschutz“! Zwar ist es möglich, dass sich ein erwachsener Hund gut mit einem jungen Hund versteht und sich scheinbar alles von ihm gefallen lässt, eine Garantie auf Unversehrtheit gibt es aber nicht. Oft sind vor allem unkastrierte, erwachsene Hündinnen fremden Welpen gegenüber nicht gerade freundlich gesinnt, aber auch Rüden oder kastrierte Hündinnen sind aufgedrehte, distanzlose Welpen oftmals zu viel und so kann es durchaus vorkommen, dass ein Welpe von einem erwachsenen Hund attackiert wird. Für einen jungen Hund kann das eine traumatische Erfahrung sein, die Auswirkungen auf sein gesamtes späteres Hundeleben haben kann.

Konsequenzen, die sich aus diesem Wissen ergeben: Seien Sie also vorsichtig, mit welchen Hunden Sie Ihren Welpen zusammen lassen. Fragen Sie den anderen Hundebesitzer, ob sein Hund mit Welpen gut zurecht kommt. Verneint er dies oder verweist er Sie auf den „Welpenschutz“, lassen Sie den Kontakt lieber nicht zu! Ein Hund lernt immer, in jeder Sekunde seines Lebens.

Säugetiere können nicht „nicht lernen“. Das bedeutet allerdings, dass jede Hundebegegnung im Hundegehirn einen bleibenden Eindruck hinterlässt – ob sie nun freundlich verlief oder nicht. Aus diesem Grund sollten Hundekontakte im ersten Lebensjahr möglichst positiv ablaufen. Im Idealfall sollten Sie Ihrem Jungspund nur sozialverträgliche Hunde vorstellen. Von einer Zweierbegegnung hat Ihr Hund übrigens viel mehr als von Begegnungen mit zwei, drei oder noch mehr anderen Hunden gleichzeitig, denn er kann sich in Ruhe auf sein Gegenüber einstellen. Wenn es den Anschein nimmt, dass es bald zu wild wird, können Sie rechtzeitig eingreifen, während dies bei einer Gruppe von Hunden kaum mehr möglich ist.

Welpen sind keine Versuchskaninchen! Als Bezugsperson übernehmen Sie die Verantwortung für Ihren jungen Hund. Für Welpen gilt dasselbe wie für Hunde kleinwüchsiger Rassen: Eine unglückliche Hundebegegnung kann leicht zu Verletzungen überlebenswichtiger Organe führen.

Quelle: Claudia Matten easy-dogs.net